1992 | Frankfurt                                                                            Der Zachäusverein fördert mit Ehrenamtlichen ausländische Inhaftierte.....

.....und MISEREOR hilft mit


In den Justizvollzugsanstalten Frankfurt am Main I und III (Untersuchungshaft Männer und Frauenanstalt) war die Kath. Seelsorge immer wieder mit sozialen Problemen konfrontiert, die besonders aus dem hohen Ausländeranteil kamen: 80 % Ausländer in der JVA I und 60 % in der JVA III in den späten 80er Jahren. Es gab in den späten 80er und bis in die Mitte der 90er Jahren zwischen 100 und 130 Spanisch Sprechende  in der JVA Frankfurt I. bei den Männern; in der JVA III bei den Frauen waren weniger aber immer mindestens etwa 50 Latinas.

Wir wussten, dass wir nur über einen Förderverein bessere Hilfe würden leisten können. So reisten wir, Reinhold Philipp, Beate Uihlein und ich zum Kirchlichen Hilfswerk MISEREOR nach Aachen. Dem damaligen Leiter des Hilfswerkes Prälat Herkenrath und seinen Mitarbeitern schilderten wir in trostlosen Farben die Probleme der Inhaftierten und baten darum, doch kirchliche Entwicklungshilfe einmal in deutschen Gefängnissen zu erproben. Die Insassen hätten Zeit, Lernbegierde und den Willen nach der Rückkehr in ihre Heimat sich energisch zu betätigen. Das MISERER-Gremium bewilligte uns 25 000 DM jährlich, wenn wir über einen „kirchlichen“ Verein tätig würden. 


Nachdem am 30. November 1992 der Zachäusverein von Seelsorgern, Seelsorgehelfern, Ehrenamtlichen, Gemeindepfarrern und der Italienischen Katholischen Gemeinde in Frankfurt gegründet war , begannen auch sofort die Aktivitäten. MISEREOR zahlte seinem einzigen Projekt in Deutschland die ersten 25 000 DM. Die Begründung für diese Entwicklungshilfe war einleuchtend: Es ist sehr einfach, Inhaftierten aus aller Welt, hier im Gefängnis Bildungsangebote zu machen, die ihnen und ihren Familien später nach der Entlassung die Existenz sichern helfen. Dann werden sie nicht mehr als Drogenkuriere zurückkehren. Später finanzierte auch Terre des Hommes ein Projekt. Der Zachäus-Verein bot in den Frankfurter Anstalten I und III Englisch für Spanisch Spre-chende, Nähkurse für Kinderkleidung, Friseurkurse, Computerkurse für Anfänger in verschiedenen Sprachen an. Teilnehmerzertifikate mit Beschreibung der Kursinhalte wurden mitgegeben, aber auch die Nähmaschinen, die zu Hause sogar für Existenzgründungen sorgten. Nähmaschinen werden 2009 von der Zachäusgruppe immer noch mitgegeben.


Bemerkenswert war neben der bis heute andauernden Mitarbeit der Ehrenamtlichen meist ausländischer Herkunft die intensive „ehrenamtliche“ Tätigkeit von deutschen ausländischen Ordensleuten und Pfarrern (zeitweise 10-12), die als Seelsorgehelfer nach Verpflichtung durch Anstalt und Justizministerium unbehindert in beiden Anstalten wirken konnten.


Die Franziskaner-Provinz Fulda übernahm die Finanzierung zweier Übergangswohnungen für Haftentlassene und einer ABM-Kraft, die die mauernübergreifende Begleitung von Inhaftierten und Haftentlassenen zur Aufgabe hatte. So war auch das Arbeitsamt dabei. Geldbußen kamen durch das Amtsgericht Offenbach, mit denen die seelsorgliche und soziale Arbeit in der Abschiebungshaft in Offenbach unterstützt werden konnte.


Im Auftrag des Caritasverbandes Frankfurt war der Zachäusverein auch für die Fachaufsicht von 3 Beratungsdienste,  Ausländerberatung für Spanisch Sprechende, Psychologin für Spanisch Sprechende , Psychologin für Aidsberatung in der Frauenanstalt verantwortlich. Diese Fachdienste wurden aus Haushaltsmitteln des hessischen Justizministeriums finanziert.


Den vielen ausländischen Gefangenen fehlte der Kontakt zu ihren Familien. Briefe dauerten Monate. So übernahm der Zachäusverein die Telefonrechnungen der Inhaftierten aus Entwicklungsländern . Auch Einzelfallhilfen an Entlassene oder Angehörige wurden immer wieder nach intensiver Prüfung und Recherchen in Kolumbien gewährt.


Last not least übernahm dann der Zachäus-Verein die Ehrenamtlichenarbeit der Katholischen Seelsorge in Frankfurt, führte Schulungen durch und begleitete die Ehrenamtlichen bei ihrer schwierigen Arbeit.


2000 wurde der Verein aus dem Vereinsregister ausgetragen. Die meisten Mitglieder bildeten danach die Zachäus-Gruppe beim Caritasverband Frankfurt, die von der dortigen Fachkraft betreut wurde, MISEREOR zahlte immer noch und die Gruppe arbeitet engagiert weiter.  

ZACHÄUS
war genau der Richtige für uns, als wir  nach einem Namen für den neuen Gefängnisverein suchten. Das Logo zeigt eindringlich, was damals passierte: ein Betrüger, Kollaborateur und Ausbeuter hört von Jesus. Unter dessen Fans am Weg will er sich nicht stellen. Er gehört nicht zu ihnen, ist ihr unangenehmer Mitbewohner. So will sich der Neugierige aus der Ferne ein Bild machen von dem Gerüchte umwobenen Propheten und klettert auf einen Baum.
Das bietet keine Sicherheit, Jesus geht ihn direkt an  und Zachias ist überwältigt, nimm ihn freudig auf. Beim gemeinsamen Essen und Trinken, zu dem auch andere diskriminierte Gauner kommen, muss es dann passiert sein: bei Zachäus funkt es, eine fundamentale Änderung seines Lebens tritt ein. Lies es nach im Lukasevangelium Lk. 19,1-10
Aus dem Zachäusverein wurde die Zachäusgruppe

Eine Betreuerin schildert die Ehrenamtlichenarbeit

Fast ausnahmslos sind wir als Betreuer/innen in der JVA III in Preungesheim tätig, manche von uns schon 10 Jahre und länger. Unser Hauptanliegen im Umgang mit den vorwiegend ausländischen Gefangenen ist, ihnen ein Stück Menschenwürde zu geben und sie in ihrer Not verständnisvoll anzunehmen. Durch regelmäßige meist wöchentliche Besuche können wir ein Vertrauens-verhältnis zu unseren Schützlingen aufbauen. Das so wichtige persönliche Gespräch oder nur einfaches Zuhören kann von den Mitarbeitern der Anstalt schon allein aus zeitlichen Gründen nicht ermöglicht werden. Wir sind daher in gewisser Weise Familienersatz und haben den Vorzug, aufgrund unserer Ehrenamtlichkeit nicht als Teil des Justizapparats wahrgenommen zu werden.

Gleichwohl sind wir ein nicht zu unterschätzendes Bindeglied zwischen den Gefangenen und den Justizangestellten und können manche Spannungen und Konflikte, auch zwischen den Frauen untereinander, entschärfen. Nicht immer ist es ein einfacher Weg, und manchmal machen wir uns auch unbe-liebt mit Forderungen an die Justizverwaltung, die Veränderungen anstreben und unbequem sind. Das gegenseitige Vertrauensverhältnis sowohl den Ge-fangenen als auch den Bediensteten gegenüber ist jedoch immer die Grund-lage und die absolute Diskretion eine Selbstverständlichkeit.

In praktischer Hinsicht können wir Kontakte zu den Familienangehörigen in oft weit entfernten Ländern pflegen, was häufig notwendig ist, da Telefonate nach draußen nur in begrenztem Umfang erlaubt werden. Bei der Abschiebung am Frankfurter Flughafen begleiten wir die Frauen und halten Kontakt zur Bundesgrenzschutzbehörde um zu vermeiden, dass der Abschiebungsvermerk in den Pass gestempelt wird. Ein solcher würde sie bei der Ankunft im Heimatland als Straftäter brandmarken und die Sicherung der Existenz erschweren.
Wenn ein Gerichtstermin ansteht, sind Betreuer aus der Zachäusarbeitsgruppe nach Möglichkeit bei der Verhandlung anwesend. Wir können zwar keinen rechtlichen Beistand leisten, aber persönlichen Rückhalt geben.
Grenzübergreifend konnten wir z. B. in Kolumbien ein Projekt der dortigen kath. Kirche finanziell unterstützen mit dem Ziel, zurückkehrenden mittellosen Frauen als erste Anlauf- und Beratungsstelle zu dienen. 

ZACHÄUS-Verein und Arbeitsgruppe Caritas

1995 | MISEREOR - Projekte

JVA Frankfurt I und III

Abrechnung Projekte für MISEREOR