1770/1771 | Frankfurt
Die Hausmagd Susanna Margaretha Brandt wird als Kindsmörderin verurteilt und vor der Hauptwache hingerichtet. Zuvor war sie im Katharinenturm inhaftiert.
Die 335 Seiten starke Prozessakte (Criminalia 1771, Nr. 62) ist im Institut für Stadtgeschichte erhalten. Auch eine Schere, das corpus delicti, mit dem Brandt die Leiche ihres Kindes verstümmelt haben soll, ist in der Akte asserviert.
„Zu peinlicher Untersuchungssachen wider Susanna Margarethen Brandtin, erkennen wir Bürgermeister und Rath der Kayßerlichen freyen Reichsstadt Frankfurt am Mayn, auf vorgängige umständliche Erforschung und Untersuchung der Sache geführte Verteidigung, vor-gelegt rechtliche Syndicatsbedenken und sorgfältiger Erwägung aller Umstände vor Recht, daß gedachte Brandtin des an ihrem lebendig zur Welt gebrachten Kinde, nach eigener wiederholter Bekundnis, vorsetzlich und boshafterweise verübten Mordes halber, nach Vor-schrift der göttlichen und weltlichen Gesetze und zwar ihrer zur wohl-verdienten Strafe und anderen zum abscheulichen Exempel mit dem Schwerd vom Leben zum Todt zu bringen und dieses Urteil fordersamt zu vollziehen seye. Geschlossen bey Rath dinstag den 7. Januar 1772.“
Prominenter Zeuge des Prozesses gegen die "Kindsmörderin" Susanna Margaretha Brandt und deren Enthauptung auf dem Platz zwischen Hauptwache und Katharinenkirche am 14. Januar 1772 in Frankfurt am Main war Johann Wolfgang von Goethe. Es ist literaturhistorisches Faktum, daß ihr Schicksal Goethe so berührt hat, daß er es für die Gretchen-Tragödie im Faust übernahm. In dem Buch Das Leben und Sterben der Kindsmörderin Susanna Margaretha Brandt ist nach den Prozessakten der Kaiserlichen Freien Reichsstadt Frankfurt am Main, den sogenannten Criminalia 1771 der Prozess und die Durchführung des Todesurteils dargestellt. Es gibt erregende Einsichten in das Leben der armen, ungebildeten Leute in der zweiten Hälfte des 18.Jahrhundert. Trotz Aufklärung spielen Aberglaube und Teufel eine wichtige Rolle. In Frankfurt am Main wurden im 18. Jahrhundert drei Hinrichtungen vollzogen. Die Hingerichteten waren alle Frauen verurteilt wegen Kindesmord. Der Verteidiger der "Brandtin", Dr. Schaaf regte in seiner Verteidigungsschrift die Einrichtung eines "Findelhauses" an, womit vielleicht solche bedauernswerte, schreckliche Verzweiflungstaten verhindert werden könnten.
Birkner, Siegfried - Das Leben und Sterben der Kindsmörderin Susanna Margaretha Brandt
Nach den Prozeßakten der Kaiserlichen Freien Reichsstadt Frankfurt am Main, den sogenannten
Criminalia 1771,Frankfurt 1975 - Institut für Stadtgeschichte