HessenGefängnisse

 damals, gestern und heute


im Rahmen der internationalen Entwicklung

 angereichert durch persönliche Erfahrungen



 Hessen war schon mal mehr als das heutige Bundesland. Niederlahnstein, Oberlahnstein, Bad Ems, Kaub,

Mainz, Worms,  Aschaffenburg  im Großherzogtum Frankfurt (1810-1813) waren auch mal Hessen,

 sogar Bad Wimpfen als Frankfurter Enklave. 


Schmerzlich willkommen! 


gertlinz@web.de


 Letzte Bearbeitung 22.10.2023 - 11:30 Uhr


"Schöner Sitzen" - Der Umzug eines Untersuchungshaftgefängnisses - https://www.youtube.com/watch?v=_wg3J2JDfD4


oben:  Strafanstalt Preungesheim bei Frankfurt > 1889 - aus   Frankfurt und seine Bauten,


Neuer Text


Die Hammelsgass

Die Hammelsgass, das  Frankfurter Straf- und Untersuchungsgefängnis | 1905 bis 1973,1984 abgerissen

" Ich hab den Karl schon lang net mehr gesehe." "Ei, waasde des denn net, der ist doch in de Hammelsgass." "in de Hammelsgass" Da wußte jeder, der Kerl hat was verbichst.

Erbaut in der Zeit, als in Hessen überall die Gerichtsgefängnisse entstanden waren. Frankfurt war da ziemlich spät dran mit seinem Gefängnis neben dem Gerichtskomplex. Aber man hatte ja schon das Polizeigefängnis (1888) und die Strafanstalt in Preungesheim (1889).

Das Hessische Staatsarchiv Wiesbaden (Abt 409/3 HStAW) hat die Geschichte des Gerichtsgefängnisses Frankfurt a.M. aufbewahrt.

Das in den Jahren 1903-1905 in der Hammelsgasse als "Königlich Preußische Musteranstalt" errichtete und 1917 erweiterte Gebäude diente bis zum Jahre 1973 als Gerichts- und Untersuchungsgefängnis (ab 1936: Untersuchungsgefängnis, ab 1941: Untersuchungshaftanstalt). Es unterstand dem Oberstaatsanwalt beim Oberlandesgericht Frankfurt als Strafvollzugsbehörde und diente dem Vollzug von kurzen Gefängnis- und Haftstrafen und zur Aufnahme von Untersuchungsgefangenen. Durch Verordnung des Preußischen Staatsministeriums vom 8.12.1922 und die Allgemeine Verfügung des Justizministeriums vom 13.12.1922 über die Neuordnung der Strafanstaltsverwaltung (JMBl. S. 560) wurde das Gerichtsgefängnis Hammelsgasse ab 1.1.1923 dem Strafvollzugsamt Frankfurt unterstellt. Bis zum Jahre 1928 und von etwa April bis Dezember 1945 waren auch weibliche Häftlinge dort untergebracht. Aufgenommen wurden zahlreiche Durchgangsgefangene aus anderen Anstalten, die vorübergehend nach Frankfurt verlegt wurden, sowie ab 1942 sogenannte Polizeihäftlinge. Die Belegung des für 312 Häftlinge ausgelegten Gebäudes schwankte zwischen 200 und 500 Personen, darunter auch, namentlich in der NS-Zeit, zahlreiche politische Gefangene und während des 2. Weltkrieges in Untersuchungshaft genommene ausländische Zwangsarbeiter.
 
34,5 lfm Belegungsbücher (1917-1945), Gefangenenbücher (1914-1927, 1929-1932, 1941), Namensverzeichnisse zu den Gefangenenbüchern (1921-1945), Häftlingskartei (1932-1944), Gefangenenpersonalakten (ca. 20 lfm, 1931-1945) und Verwaltungsakten einschließlich Vorakten der Staatsanwaltschaft (1880-1936). - Zugang 91/1985 (von der JVA Frankfurt am Main I.)
Ach, wie ist das Leben schön ...

 Malang nimmt den Hörer ab:
 „Wer dort?“
„Hier erster Staatsanwalt…..Mir wird soeben gemeldet, in der Hammelsgasse sammeln sich große Menschenmengen, um die Gefangenen zu befreien. Ein Soldatenrat, oder wie sich das Zeug nennt, soll der Anführer sein. Lassen Sie niemand raus.“ „Hier ist alles in bester Ordnung, Herr Staatsanwalt. Diebe werden keine freigelassen. Wir sind der Soldatenrat, Matrose Malang!“ Eine Antwort hat Malang nicht mehr bekommen. Es bleibt totenstill im Apparat. 
Jakob Altmaier, Frankfurter Revolutionstage, Frankfurt am Main 1919, S.13f - auch rechts


1918 | Frankfurt 
Im revolutionären Aufbruch entschlossener Massen scheinen, wie ein Vergleich mit dem Sturm auf die Bastille 1789 nahelegt, Gefängnisse das erste Ziel der Bewegungen zu sein. So auch „Preungesheim“ und die ‚Hammelsgasse’ in der Novemberrevolution. Ein Zeitzeuge berichtet:
Das ist die Befreiungsnacht vom 8. Auf 9. November 1918. Ringsum lohen die Wachtfeuer der Revolution. Hell erleuchtet sind die Straßen und Plätze der Stadt wie seit vier Jahren nicht mehr. Aufgelöst ist die alte Ordnung. Überall gärt’s und brodelt’s. Es zischt, Blasen steigen auf. Es ist etwas im Werden. Die Brust atmet frei!
11 Uhr abends! Die Straßen werden nicht leer. Immer neue Scharen ergießen sich in den Bahnhofsplatz. Dort steht einer mitten in einem Haufen, er steigt auf den Absatz eines Laternenpfahls, hält sich mit der einen Hand fest und spricht. Leuten, denen man es ansieht, dass sie noch nie im Leben eine Rede gehalten, löst sich die Zunge, und vom Feuer durchglüht, begeistern sie die Menge. Dort hört man den hundertstimmigen Ruf: es lebe die Republik, es lebe die Freiheit, hoch, hoch, hoch, und der Ruf pflanzt sich fort durch die Kaiserstraße und das Echo kommt zurück von der Hauptwache. Die Straßenbahnen sind ungewohnt leer. Eben springt einer ab, mitten in den Haufen hinein und redet. Von der entgegengesetzten Seite wälzt es sich bataillonsweise, die ganze Straßenbreite füllend. Vornweg zwei Matrosen, Arm in Arm, rechts und links die ganze Reihe angehängt. Soldaten, Arbeiter, Kaufleute, Junge, Alte, dazwischen Frauen, hochrufend und Freiheitslieder singend. Sie kommen von Preungesheim, wo sie Gefangene befreit haben. Manch Unwürdiger ist mit herausgekommen; was gilt‘s. Es ist auch schon manch Unschuldiger gehängt worden. Der Zug schwillt und schwillt, am Bahnhof hängt sich ein ganzes Regiment an. Drüben spricht wieder einer. Neuer Zustrom. Ein großer Haufe kommt aus dem Bahnhof mit einem Matrosen an der Spitze. Es ist M a l a n g, einer der ersten, die von Kiel gekommen waren. Am Bismarckdenkmal hält er eine Ansprache:
„Kameraden, wir wollen nur die Freiheit, aber keine Unordnung, und wer plündert, wird erschossen!“
 „Bravo!“
Unter Hochrufen wälzt sich der Zug zum Gefängnis in der Hammelsgasse. Der Pförtner öffnet. Ein Aufseher übergibt Malang die Gefangenenliste
 „Politische Gefangene sind hier keine?“
 „Nein!“
 „Dann ist‘s gut! Andere werden nicht freigelassen.“
Das Telefon klingelt! Malang nimmt den Hörer ab:
 „Wer dort?“
„Hier erster Staatsanwalt…..Mir wird soeben gemeldet, in der Hammelsgasse sammeln sich große Menschenmengen, um die Gefangenen zu befreien. Ein Soldatenrat, oder wie sich das Zeug nennt, soll der Anführer sein. Lassen Sie niemand raus.“ „Hier ist alles in bester Ordnung, Herr Staatsanwalt. Diebe werden keine freigelassen. Wir sind der Soldatenrat, Matrose Malang!“ Eine Antwort hat Malang nicht mehr bekommen. Es bleibt totenstill im Apparat. 
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